Leipzig, 1.Januar 1888
Brahms / Trio Nr.3 in c-moll, op.101
Grieg / Andante con moto
Tschaikowsky / Trio in a-moll, op.50 “Dem Andenken eines großen Künstlers”
Brahms und Tschaikowsky hatten am selben Tag Geburtstag, am 7. Mai. Das war fast das einzige, was die beiden so unterschiedlichen Charaktere miteinander verband. Musikalisch wie menschlich standen sie sich fern, wie der Geiger Adolf Brodsky und seine Frau 1888 berichten. Brodsky, der Tschaikowskys Violinkonzert aus der Taufe gehoben hatte, war damals Professor in Leipzig und hatte den durchreisenden Komponisten am Neujahrstag zum Essen eingeladen. Wohlweislich hatte er ihm verschwiegen, dass auch Brahms zu den Gästen gehörte und bei dieser Gelegenheit sein neues Klaviertrio c-Moll, op. 101 zum Besten gab, wobei Tschaikowsky unweigerlich und ohne großes Vergnügen zum Zuhörer wurde. Frau Brodsky schilderte das kuriose Zusammentreffen, zu dem sich auch noch Edvard Grieg gesellte:
„Tschaikowsky und Brahms waren sich noch nie begegnet. Es dürfte schwerfallen, zwei Menschen zu finden, die sich unähnlicher sind. Tschaikowsky hatte etwas Elegantes und Kultiviertes in seinem gesamten Verhalten und war von ausgesuchter Höflichkeit. Brahms hingegen, von kleinem, eher untersetztem Wuchs und mit mächtigem Schädel, war ein Ausbund an Energie und Stärke und erklärtermaßen ein Feind aller sogenannten „guten Manieren“. Sein Gesichtsausdruck war häufig leicht sarkastisch. Als Adolf Brodsky sie einander vorstellte, sagte Tschaikowsky mit seiner sanften, melodischen Stimme: „Störe ich Sie auch nicht“ – „Nicht im geringsten-, gab Brahms mit seiner charakteristischen rauhen Stimme zur Antwort… Die Situation hätte schwierig werden können, aber in diesem Moment tat sich die Tür weit auf und herein kamen unsere lieben Freunde, Grieg und seine Frau, die, wie immer, eine sonnige Stimmung verbreiteten… So kam es, dass die drei Komponisten beisammen saßen, und alle waren guter Dinge. Ich sehe noch Brahms vor mir, wie er nach einem Schälchen mit Erdbeermarmelade greift und verkündet, dass dies alles für ihn sei und niemand etwas abhaben könne. Es wirkte eher wie ein Kinderfest als wie die Zusammenkunft großer Komponisten.“